Verfassungsbeschwerde gegen deutsche Rüstungsexporte
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Ein Palästinenser aus Gaza fordert Gerechtigkeit in Karlsruhe

Verfassungsbeschwerde gegen deutsche Rüstungsexporte

20. OKTOBER 2025 | SONDERNEWSLETTER

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Abdel J. aus Gaza hat alles verloren, was ihm lieb war: seine Frau und sein Kind kamen bei Angriffen ums Leben. Nun klagt er gegen den Export von deutschen Waffen und Rüstungsgütern, die nachweislich weiterhin in Gaza eingesetzt werden – selbst nach dem aktuellen, brüchigen Waffenstillstand. Die Bundesregierung hatte diese Exporte genehmigt, obwohl längst dokumentiert ist, dass in Gaza systematisch das Völkerrecht verletzt wird. Mit seiner Klage vor dem Bundesverfassungsgericht verlangt Abdel J., dass Menschenleben geschützt werden und Deutschland seine Mitverantwortung für die tödlichen Folgen der Rüstungsexporte beendet.

Menschenrechtsanwältin und Frau von Abdel J. © Privat

14 Monate alte Tochter von Abdel J. © Privat

Der Weg nach Karlsruhe


Im Oktober 2024 beantragte Abdel J. mit unserer Unterstützung Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Frankfurt, um die Auslieferung von Panzergetrieben zu stoppen. Konkret handelt es sich um Panzergetriebe der Firma Renk, die in Merkava-Panzern verbaut sind. Das Gericht wies den Antrag ab. Auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof verweigerte wirksamen Rechtsschutz – obwohl die Gefahr für Abdel J. und unzählige weitere Menschen in Gaza offensichtlich war. 


Jetzt geht der Fall in die entscheidende Phase: Mit Unterstützung des Palestinian Center for Human Rights (PCHR), Al Mezan und Al Haq wurde Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Es geht um die grundsätzliche Frage: Muss Deutschland Menschen vor den tödlichen Folgen seiner Waffenexporte schützen? Haben Gerichte die Pflicht, diesen Schutzanspruch durchzusetzen, wenn das Risiko besteht, dass deutsche Rüstungsgüter zu völkerrechtswidrigen Angriffen beitragen? 


Die juristische Antwort auf diese Fragen lautet: Deutschland hat eine verfassungsrechtliche Pflicht, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen – auch dann, wenn staatliches Handeln durch Rüstungsexporte Völkerrechtsverstöße ermöglicht.


Über zwei Jahre führten israelische Streitkräfte militärische Operationen in Gaza durch. UN-Organe, der Internationale Strafgerichtshof und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen dokumentierten schwerste Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht – Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid. Trotzdem genehmigte die Bundesregierung bis zum letzten Moment zahlreiche Rüstungsgüter und Waffen nach Israel, darunter auch Panzergetriebe, die in Gaza eingesetzt wurden. 


Der vernichtende Krieg der israelischen Regierung in Gaza wurde durch das aktuelle Waffenstillstandsabkommen nicht beendet, die Verbrechen der Vergangenheit sind bisher nicht aufgearbeitet, und das Regime hat sich nicht verpflichtet, die Menschenrechte der Palästinenser*innen oder das Völkerrecht künftig einzuhalten. Unter diesen Umständen verbieten sowohl das Grundgesetz als auch das internationale Recht deutsche Waffenlieferungen nach Israel, da sie die Gefahr weiterer Menschenrechtsverletzungen erhöhen. 

Waffenstillstand - was nun? 


Der im Oktober 2025 verkündete Waffenstillstand verschafft den Menschen in Gaza eine Atempause. Diese Ruhe ist jedoch brüchig: Immer wieder kommt es zu Angriffen und zu Toten, etwa durch israelischen Panzerbeschuss und Luftschläge. Zusätzlich blockiert Israel erneut lebensnotwendige Hilfslieferungen für zwei Millionen Menschen in Gaza. Die völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Pflichten Deutschlands, Menschenleben zu schützen und Rüstungsexporte zu kontrollieren, bestehen unter diesen Bedingungen unverändert fort. 


Deutschland trifft Entscheidungen über Rüstungsexporte ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle und öffentliche Transparenz. Diese Exporte werden genehmigt, bevor Parlament und Öffentlichkeit die Möglichkeit haben, die Folgen zu prüfen. Genau hier setzen wir an: Wir fordern Transparenz und Rechenschaft über den Export und Einsatz deutscher Waffen. Nur wenn deutsche Waffenexporte offen nachvollziehbar und überprüfbar sind, kann verhindert werden, dass sie in Konflikte eingesetzt werden, in denen Menschenrechte verletzt oder Kriegsverbrechen begangen werden. 


Deshalb haben wir seit Anfang 2024 mehrere Eilanträge gegen deutsche Rüstungsexporte nach Israel eingereicht und gemeinsam mit palästinensischen Partnerorganisationen Klage gegen die Bundesregierung erhoben. Nun auch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Denn jede genehmigte Lieferung, jedes getötete Zivilleben betrifft uns alle.  


Heute geht es um Gaza und seine Menschen. Grundsätzlich aber geht es uns um alle deutschen Waffenexporte. Unser Ziel ist klar: weitere Verstöße gegen nationales und internationales Recht – in Gaza und darüber hinaus – zu unterbinden. 

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Herzliche Grüße


Dr. Alexander Schwarz

Co-Programmleitung Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung

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